Zwei Wochen Indien-Abenteuer: das Taj, Kamele, Forts und vieles mehr

Am 27.12. startete unsere ungewollte Indienreise. Ungewollt deswegen, weil wir unser 150-Tage Visum für 2012 in Nepal überschritten hatten und ausreisen mussten. Spät abends kamen wir also am Flughafen von Delhi an und staunten zum einen über die Größe und zum anderen über das moderne Design, was wir von Nepal gar nicht mehr gewohnt waren. Gleich am nächsten Morgen auf der Suche nach einem Bankautomaten, stellten wir fest, dass Indien allgemein ein bisschen „extremer“ als Nepal ist. Auf dem Weg zu einer Bank wurden wir von mehreren Indern belagert, die uns alle helfen wollten einen ATM zu finden. Als wir ihre Hilfe ablehnten, folgten sie uns im Schlepptau und wollten uns davon abhalten den nächsten Geldautomaten zu benutzen (warum auch immer). Mit indischen Rupien ausgestattet, begaben wir uns auf den Weg zum Sightseeing und machten davor noch einen Abstecher zu McDonalds. Ahnungslos aßen wir die exotischen Burger, wollten dann schon fast wieder gehen, als wir Geschrei in der Küche hörten. Wir trauten unseren Augen kaum, als wir ein Prachtexemplar von Ratte durch die Küche huschen sahen. Die Angestellten versuchten halbherzig die Riesenratte zu jagen und grinsten uns dabei fröhlich an. Nach dem Besuch des nicht allzu spektakulären Roten Forts, da ein wenig heruntergekommen, ließen wir uns mir einer Fahrradrischka durch die Gassen von Old Delhi zu der Jama Masjid strampeln. Dort erwarteten uns am Tor aufdringliche Ticket-Verkäufer, die 300 Rupien haben wollten. Wir lasen allerdings nirgendwo etwas von einer Eintrittsgebühr, lediglich eine Kameragebühr war an einer Infotafel angeschrieben. Auch der Tipp eines Einheimischen es an einem anderen Tor zu versuchen, half nichts. Ein bisschen erstaunt, ein bisschen beleidigt und ein bisschen wütend schaute uns der Ticket-Verkäufer an, als wir einzeln nacheinander das Gelände ohne Kamera betraten. Den krassen Unterschied zwischen arm und reich bekam man vor allem am Connaught Place, wo bitterarme Bettler vor Shops internationaler Luxusmarken um Almosen baten, zu spüren. Auf dem Rückweg zur Unterkunft passierte Christoph ein unerwartetes Malheur. Ein Aufpasser in der Metro Station fuchtelte wild mit den Armen und beschwerte sich als Christoph im letzten Moment hinter Laura in die U-Bahn schlüpfen konnte. Seines gerade begangenen Vergehens nicht bewusst, drehte sich Christoph um und blickte in die entsetzten Gesichter von ca. 50 indischen Frauen. Wir waren im Frauenabteil gelandet – und das zwei Wochen nach dem brutalen Übergriff auf eine junge Frau. Schnell wechselten wir ins nächste Abteil… Im Glauben an diesen Tag schon genug erlebt zu haben, machten wir es und gemütlich, lasen noch ein bisschen und waren dann schon kurz vorm Einschlafen, als pünktlich um 22 Uhr der hauseigene 120 Dezibel Generator ansprang. Als Laura dann nach einer halben Stunde die Ohrenstöpsel aus dem Rucksack holte und sich vergewisserte, dass der Generator wirklich nicht direkt vor unserer Tür stand, hörte das Gelärm zum Glück wieder auf.

endlich mal wieder ein richtiger Flughafen ;)



das Red Fort in Delhi



der Eingang zum Fort



Den nächsten Vormittag verbrachten wir in einer 100m-Warteschlange im Tourist-Office bei der Bahn. Wir dachten eigentlich, dass Nepal in Sachen ineffizienter Bürokratie unschlagbar sei, aber als wir in diesen Stunden Platz um Platz weiterrückten, wurde uns bewusst, das Nepal auch in diesem Punkt nur der kleine Bruder Indiens ist. Anbei bemerkt führte die Prozedur dann zu einem Ticket für einen Zug, der dann am nächsten Tag ausfiel. Nach dieser Strapaze starteten wir dann unser Sightseeing zum Lotus-Tempel, der DAS Fotomotiv schlecht hin ist. Nur blöd, dass der Akku der Kamera noch im Hostel weiter vor sich hin lud. Anstatt Fotos zu machen rätselten wir deswegen, ob die Bahai-Religion, die diesen Tempel erbaut hatte, eine „tolerante Weltreligion“ (Reiseführer) oder eine „krasse Sekte“ (Christoph) ist – mächtig Pulver hatten sie auf jeden Fall. Danach gings weiter zum Grabmal des Humayun, das uns sehr gut gefallen hat. Davor hatten wir uns in einem Supermarkt reichlich mit Essen eingedeckt und konnten in dem wunderschönen Park zusammen mit unzähligen Eichhörnchen picknicken. Glücklicherweise konnten wir uns von zwei netten Schweizerinnen einen Akku borgen und die nächsten zehn Minuten wie Paparazzos durch das Gelände flitzen.



Humayuns Grabmahl







In aller Früh am nächsten Morgen sollte es mit dem besagten Zug nach Agra gehen. Als jedoch feststand, dass der  Zug ausfallen würde, schlossen wir uns kurzer Hand einer Reisegruppe an, die den Bus nach Agra nahm. Für den zwölffachen Preis war ein kleines Abenteuer mitten auf der Autobahn sogar inklusive. Bei voller Fahrt platze uns ein Reifen – die routinierten Inder behoben das Problemchen allerdings recht schnell und so gings nach zehn Minuten wieder weiter. In Agra angekommen verbrachten wir den Rest des Tages mit der Suche nach einer Bleibe, mit dem Ergebnis, dass wir in einer überteuerten Absteige im Bahnhofsviertel unterkamen. Der nächste Tag entschädigte dafür umso mehr. Zuerst schauten wir uns das Agra Fort an, dass wesentlich schöner als das Rote Fort in Delhi ist, und der Tag ging noch besser weiter, als wir in ein super und noch dazu günstiges Hotel direkt neben dem Taj Mahal umzogen. Der Höhepunkt des Tages war dann das Taj Mahal, das unglaublich beeindruckend war, trotz angeblich 80000 Touristen pro Tag. So gefällt uns der Indien Urlaub deutlich besser (: Unser Silvester war jedoch eher mau, da in Agra nicht allzu viel los war und wir nach einem guten Abendessen und einem netten Schwätzchen mit anderen Indien-Reisenden es nicht bis um zwölf durchhielten. Gleich am ersten Tag des neuen Jahres ließen wir uns von einem 60-Jährigen Opa für einen Spottpreis mit einer Fahrradrischka zum Baby Taj kutschieren. Wir dachten wir nehmen der Umwelt und den sehr armen Radlern zuliebe die Fahrradrischka anstatt eines Tuktuks. Bei einem Anstieg bekamen wir dann doch Mitleid mit dem betagten Fahrer und stiegen zu seiner Verwunderung und der der anderen Verkehrsteilnehmer ab. Das Baby Taj besticht, wie der Name schon sagt, nicht durch seine Größe sondern eher durch die schönen Verzierungen und die ruhige und friedliche Atmosphäre, was man vom restlichen Agra (insbesondere dem schäbigen Bahnhofsviertel) nicht gerade behaupten kann.


das Agra Fort von außen












den Tieren hats hier auch gefallen




das Taj Mahal ...

... mit seinen Besuchermassen

mit der Rischka gings zum Baby Taj




Laura ganz groß neben dem Baby Taj


der Innenraum






Mit dem Express-Zug  ging es am Abend dann noch nach Jaipur. Überraschend komfortabel und bestens verpflegt düsten wir vorbei an unzähligen, ungenierten, an den Bahngleisen ihr Geschäft verrichtenden Indern in Richtung Rajasthan. Dort angekommen landeten wir leider wieder in einer Absteige, die jedoch wenigstens preiswert war. Nun war wieder Hotelwechsel angesagt. Mit dem Erfolg, dass wir in einem äußerst schicken Hotel mit sehr fairen Preisen landeten. Zufrieden ließen wir uns von einem Tuktuk-Fahrer zum etwas außerhalb von Jaipur liegenden Amber Fort fahren. Beim Anblick dieser gigantischen Festung vor roter Sandsteinlandschaft hatten wir zum ersten Mal das Gefühl richtig im Orient angekommen zu sein. Mit seinen hunderten Zimmern, Kämmerchen und Haremsanbauten war der Palast ein riesiges Labyrinth mit dem Flair von 1001 Nacht. Vorbei an Touristen schleppenden Elefanten, bepackten Kamelen und herumturnenden „Lang-Schwanz-Affen“ schleppten wir uns in der Nachmittagshitze bergauf zum eigentlichen Fort, von dem man einen super Ausblick auf die gesamte Umgebung hatte. Die Stadtmitte inklusive dem City Palace nahmen wir uns am nächsten Vormittag vor. Auch hier war der Prunk der im Überfluss lebenden Maharadjas allgegenwärtig.

der Bernsteinpalast bzw. das Amber Fort


nein, das ist nicht die chinesische Mauer ;)

ein Garten mitten im See








Affen soweit das Auge reicht


das Amber Fort von oben

der Palast der tausend Fenster



der auch heute noch bewohnte City Palace
das größte Silbergefäß der Welt






Mit einem ganz anderen Indien wurden wir kurz darauf im Schlafabteil des Zuges nach Jodhpur konfrontiert. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase konnten wir es uns gemütlich machen und so verflog die Fahrtzeit plus obligatorischer Verspätung im Nu. Am nächsten Tag entwickelte sich ein richtiges Wüstenfeeling und wir fühlten uns noch mehr wie im Orient. Den Tag begannen wir zur Abwechslung diesmal mit dem Merangahr Fort ;) Wir haben zwar bis dahin schon viele Forts gesehen, aber das Fort in Jodhpur entpuppte sich als besonders prunkvoll und interessant. Frei nach dem Motto „zoid is zoid“ ließen wir uns gute zwei Stunden vom Audioguide berieseln und genossen danach noch vom nahegelegenen Marmortempel den Blick auf die imposante Festung und die darunterliegende „blaue Stadt“, in deren Gewimmel wir kurz darauf eintauchten. Auf dem quirligen Marktplatz wurde gefeilscht was das Zeug hält und versucht die Konkurrenz durch lautes Schreien auszustechen. Ein Lassi- und ein Omelette-Shop hatten es da schon leichter. Sie mussten lediglich ein Schild mit der Aufschrift „highly recommended by lonley planet“ anbringen und die Rupien wechselten im Sekundentakt den Besitzer. Der Hype um den legendären Omelette-Man, der sogar einen halbseitigen SZ-Artikel einheimste, war besonders groß und so erzählte er uns, dass er am Tag 1500 Eier zu Omelettes verbrät. 



"gebaut von Engeln und Riesen" (laut Audioguide)









einer der vielen Prunkräume





Blick auf die blaue Stadt


der Marmorpalast

der Clocktower und das rege Markttreiben

der Omelette-Man hat sein Tagespensum noch nicht vollbracht

Am nächsten Morgen fuhren wir dann nach Jaisalmer, das mitten in der Wüste liegt und schon fast an Pakistan grenzt. Dort angekommen besuchten wir unser fünftes Fort und waren ganz überrascht, dass hier die Festung bewohnt war und überall reges Treiben herrschte. Da allein schon die verwinkelten Gassen viel Sehenswertes boten, sparten wir uns den Museumseintritt und investierten stattdessen unsere Rupien in einen guten „Italiener“ rajasthanischer Abstammung. Der Wüstenblick und das leckere Essen haben es uns so angetan, dass wir uns dort auch am nächsten Tag für die bevorstehende Kamelsafari stärkten.  

das Fort in Jaisalmer





beim Lieblings-Italiener auf der Dachterrasse...

... mit seiner schönen Aussicht






Die Kamelsafari erwies sich trotz anfänglicher Skepsis seitens Christophs („Damals in Tunesien wurde eine gewisse Anna R. dauernd von Kamelen gebissen.“) als ganz besonderes Highlight unserer Reise. Zuerst bretterten wir mit unserem Jeep Richtung Sanddünen und wurden dann mitten im Nirgendwo abgesetzt. Dort erwarteten uns die zwei Kamele Mr India und Michael Jackson, auf die wir auch gleich aufsatteln durften. Gemächlich trotteten wir also in Richtung Sanddünen, wo wir den Kamelen eine kleine Pause gönnten und den riesigen Sandkasten zu Fuß erkundeten. Nachdem wir den Sonnenuntergang beobachtet hatten, rasten wir mit dem Jeep und Allradantrieb durch den Sand zurück nach Jaisalmer.

Michael Jackson und Mr India



Lauras Poser-Kamel zum ersten...

... und zum zweiten

unsere Karawane


mitten in der Wüste
der Sonnenuntergang


Die Reise zu unserer letzten Station traten wir mit dem Bus an. Ein besonders dreister Inder meinte sich mit Christoph den Sitzplatz teilen zu müssen, drückte sich einfach ohne zu fragen noch mit in die Bank und gab dann vor kein Englisch zu verstehen. Doch auch den anderen Indern wurde das zu bunt und so konnten wir den Eindringling wieder verscheuchen. In Bikaner angekommen, zogen wir in einen indischen Haushalt ein, der vier Zimmer zur Untermiete anbot. Den Grund warum ein weltbekannter Reiseführer das Shanti House empfiehlt ist uns bis heute noch ein Rätsel. Obwohl die Familie wirklich nett war und uns bei vielen Sachen geholfen hat, verübeln wir es ihr, dass ein ca. 13-jähriger Haussklave angestellt war. In Bikaner besuchten wir an diesem Tag noch eine Miniatur-Malerwerkstatt, in der auch das kleinste Gemälde mit den meisten Details der Welt gepinselt wurde. Laura bekam auch eine kleine Kostprobe, die allerdings nicht lange hielt, auf ihren Fingernagel gezeichnet. Nach dieser Vorführung machten wir uns auf den Weg zu einer Kamelfarm, auf der über 300 Kamele zuhause waren, und probierten dort unsere erste Kamelmilch. Wir müssen jedoch zugeben, dass wir die Rohmilch verschmähten und uns für die pasteurisierte Variante entschieden, welche zwar ganz anderes als Kuhmilch aber trotzdem einigermaßen gut (Laura) bzw. schlecht (Christoph) war. Am nächsten Morgen stand wieder ein Fort auf dem Programm. Dann kam das eigentliche Highlight des Tages: der Rattentempel. An diesem heiligen Ort wimmelte es gerade nur so von Ratten, die als Götter verehrt und deswegen gefüttert werden. Den Tempel durfte man nur barfuß betreten und so musste man wohl oder übel über den Rattenkot und alle möglichen Futterreste laufen. Warum einige Inder den Boden auch noch abknutschten, war uns unerklärlich.
An unserem vorletzten Reisetag fuhren wir mit dem Zug zurück nach Delhi und sahen diesmal nach der Ankunft im Touristenviertel Paranganj dieses mit ganz anderen Augen als noch vor zwei Wochen. Anfangs stark genervt von den aufdringlichen Verkäufern, ignorierten wir sie dieses Mal einfach und sie ließen sofort von uns ab. Dass unsere Indienreise doch noch so schön werden und so viele Eindrücke hinterlassen würde, hätten wir nie gedacht und wir werden sie so schnell nicht vergessen. Im Flieger nach Nepal freuten wir uns aber trotzdem schon riesig auf „unser Zuhause in Kathmandu“ (:

Miniatur-Malerei

das Fort in Bikaner

ein Prachtexemplar von Basilikum

der Rattentempel...

... mit seinen kleinen Göttern

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